Patientenvertreter kritisieren Schnellbewertung von Arzneimitteln

Die Patientenvertreter im gemeinsamen Bundesausschuss sträuben sich gegen die Einführung eines neuen Gesetzes: Auf einer Fachveranstaltung gestern zur "schnellen" Nutzenbewertung gemäß des Arzneimittelneuordnungsgesetzes (AMNOG) zeigten sich die Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss entrüstet. Die vorgesehene Schnellbewertung von Arzneimitteln werde den Gemeinsamen Bundesausschuss in den Kollaps führen, befürchtet der Patientenvertreter vom Deutschen Psoriasis Bundes e.V. , Hans- Detlev Kunz. Wie sollen ehrenamtliche Patientenvertreter hunderte von Seiten an Literatur inklusive eines Dossiers zu Arzneimitteln in der geplanten, kurzen Zeit lesen und bewerten können? Für eine angemessene Nutzenbewertung müsste etwa ein Jahr pro Arzneimittel angesetzt werden. Es gibt kein Land, das eine Nutzen-Schadenanalyse in drei Monaten durchführt. Warum wohl nicht? Realistisch ist eine solche Untersuchung in einem Zeitraum von mindestens einem Jahr möglich. Warum wird für die Schadenabwehr von gesetzlich Versicherten dieser Zeitraum nicht mindestens zur Verfügung gestellt?

Bundesausschuss wird lahmgelegt

Der Gemeinsame Bundesausschuss ist das einzige Gremium, das bisher mit Hilfe unabhängiger Expertisen des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG) den Nutzen von Arzneimitteln für gesetzlich Versicherte in Deutschland festgestellt hat. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt fest, welche Arzneimittel von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt werden. Tritt das neue Gesetz in Kraft, wird es verhindern, dass der Nutzen und Schaden von Arzneimitteln überprüft und ggf. Arzneimittel aus dem Erstattungskatalog entfernt werden können. Hans-Detlev Kunz kritisiert: "Die schaufensterhafte Symbolpolitik der Regierung verbessert nicht die medikamentöse Versorgung der gesetzlich Versicherten, sondern verschlechtert diese bewusst".

Keine Nutzenbewertung vorgesehen

Darüber hinaus werden dem Gemeinsamen Bundesausschuss, der sich bislang um den Nutzen medizinischer Verfahren ohne Eingriffe der Regierung kümmern konnte, nun solche zeitliche Vorgaben aufgebürdet, die eine sinnvolle Arbeit verhindern. Hinzu kommt noch eine unbekannte Rechtsverordnung, die regierungsseitige Eingriffe ermöglicht. Damit wird die wissenschaftliche Bewertung des verfügbaren Wissens zu Nutzen und Schaden der jeweiligen politischen Beliebigkeit untergeordnet.

Es besteht große Einigkeit unter den unabhängigen Patientenvertretern, dass das Gesetz keine substanzielle Verbesserung, sondern eine Verschlechterung für GKV-Versicherte bringt. Ein Gesetz, dass Kranken nichts nützt, wird schlicht in dieser Form nicht gebraucht.