Badeordnungen diskriminieren wieder – oder immer noch?!

Immer mehr Hinweise auf stigmatisierende, ausgrenzende Formulierungen gegenüber Hauterkrankten in Badeordnungen von öffentlichen Schwimmbädern erreichen den DPB.

Kein Zutritt mit „unästhetischem“ Hautbild (Foto: www.pixabay.com)

Vor 14 Jahren war es dem Deutschen Psoriasis Bund e.V. (DPB) gelungen, die Musterbadeordnung der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen e.V. (DGfdB) zu ändern. Ein Passus, der Menschen mit Psoriasis (Schuppenflechte) und anderen Hauterkrankungen bis ins Jahr 2005 diskriminierte, wurde damals geändert. Er lautete: „Der Zutritt ist nicht gestattet: (…). Personen, die an einer meldepflichtigen übertragbaren Krankheit im Sinne des Bundesseuchengesetzes (im Zweifel kann die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung gefordert werden) oder an Hautveränderungen leiden, bei denen sich z.B. Schuppen oder Schorf ablösen und in das Wasser übergehen.“

Der DPB konnte gemeinsam mit seinem Wissenschaftlichen Beirat und unter Einbeziehung des Sozialverbandes VdK Deutschland e.V. die Verantwortlichen davon überzeugen, dass die Psoriasis nicht ansteckend ist und auch kein hygienisches Problem besteht. Denn für alle Badegäste gilt, dass sie sich vor dem Baden gründlich abduschen. Danach ist auch bei Menschen mit Psoriasis nicht damit zu rechnen, dass sich Schuppen lösen, die das Badewasser belasten würden.

Großer Erfolg für den DPB

So wurde 2005 anstelle der oben erwähnten Formulierung eine neue in die Musterbadeordnung aufgenommen. Sie lautet: „Der Zutritt ist nicht gestattet: (…). Personen, die an einer meldepflichtigen übertragbaren Krankheit (im Zweifelsfall kann die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung gefordert werden) oder offenen Wunden leiden“.

Diese Änderung der Musterbadeordnung war ein großer Erfolg, für den der DPB jahrelang verhandelt und gekämpft hatte. „Es ist ein großartiger inhaltlicher und moralischer Erfolg gegen unbegründete soziale Stigmatisierung und Ausgrenzung. Die Änderung der Badeordnung schafft ein Stück Normalität für Millionen an der Haut Erkrankte in Deutschland“, sagte der damalige DPB-Geschäftsführer Hans-Detlev Kunz.

Doch Formulierungen in Badeordnungen sind nicht statisch, sondern entwickeln sich weiter. Beispielsweise findet sich inzwischen auch manchmal ein Passus über Tattoos: „Der Zutritt ist Personen nicht gestattet, die verfassungswidrige Tätowierungen offen tragen.“ Und natürlich ist es auch richtig, dass der Mustertext von den jeweiligen Badbetreibern angepasst und verändert werden kann.

Mit „unästhetischem“ Hautbild Zutritt nicht gestattet

Allerdings beobachten immer mehr Menschen mit Psoriasis und anderen nicht-übertragbaren Hauterkrankungen, dass die in öffentlichen Bädern aushängenden Haus- und Badeordnungen sie diskriminieren. Der Passus der Musterbadeordnung von 2005, der den Zutritt für Personen verweigert, die an einer meldepflichtigen übertragbaren Krankheit leiden, ist nämlich in vielen Fällen umformuliert und ergänzt worden. Häufig heißt es jetzt, dass auch Personen der Zutritt nicht gestattet sei, die an „anstoßerregenden“ oder „unästhetischen“ Hautveränderungen bzw. Hauterkrankungen oder an „Hautausschlägen“ leiden – unabhängig davon, ob es sich um übertragbare Erkrankungen handelt. Zudem wird das Wort „meldepflichtig“ oftmals weggelassen. Auch kommt es vor, dass Formulierungen aus der alten Musterordnung mit der 2005 verabredeten Formulierung vermischt werden, wie etwa so: „Der Zutritt ist nicht gestattet für Personen, die an einer meldepflichtigen, übertragbaren Krankheit oder Hautveränderungen (z.B. Schuppen, Schorf), die sich ablösen und in das Wasser übergehen können, leiden.“

Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Für DPB-Geschäftsführer Marius Grosser ist das eine bedenkliche Entwicklung. Dass es heutzutage immer noch Bäder gibt, die Menschen mit Psoriasis und anderen nicht-übertragbaren chronischen Hauterkrankungen den Zutritt verwehren, ist in seinen Augen ein Skandal. Formulierungen wie „anstoßerregend“ oder „unästhetisch“ stellen eine schwere Stigmatisierung und Diskriminierung der Erkrankten dar. „Hier wird das Gewähren des Zutritts dem subjektiven Ermessen überlassen. Wer entscheidet, was Anstoß erregt oder unästhetisch ist?“, fragt Grosser. Auch sei der Begriff „Hautausschläge“ derart offen und weit gefasst, dass er geeignet ist, eine Vielzahl von Menschen mit – wie auch immer gearteten – Hautveränderungen vom Badebetrieb auszuschließen. „Das ist keine semantische Spitzfindigkeit oder Wortklauberei“, betont der DPB-Geschäftsführer. „Diese Formulierungen rufen bei hauterkrankten Menschen eine starke Verunsicherung hervor. Sie setzen sie der ganz realen Sorge aus, dass ihnen der Zutritt zum Bad verwehrt wird – oder sie des Bades verwiesen werden, sobald andere Badegäste ihr Hautbild als ‚anstößig‘ empfinden oder bei ihnen einen ‚Hautausschlag‘ identifizieren. Dass an Psoriasis und anderen nicht-übertragbaren Hauterkrankungen leidende Menschen ihrerseits Anstoß an solchen Formulierungen nehmen und sich von entsprechenden Aushängen diskriminiert fühlen, dürfte wohl klar sein.“ Nach Auffassung des DPB verstoßen derartige Formulierungen gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

DPB fordert Entfernung diskriminierender Formulierungen

Bei einer DPB-Recherche unter 50 zufällig ausgewählten Badeordnungen, die im Internet veröffentlicht sind, enthielten 30 Prozent diskriminierende Formulierungen. Eine Internet-Recherche des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen e.V. (BVDD) hat ganze 111 Bäder mit diskriminierenden Badeordnungen zutage gefördert. Der DPB hat inzwischen Kontakt zur DGfdB aufgenommen. Die in der Gesellschaft organisierten Badbetreiber und Multiplikatoren sollen dafür sensibilisiert werden, dass derartige Passagen, die einen Rückschritt hinter die im Jahr 2005 eingeführten Änderungen bedeuten, aus den Haus- und Badeordnungen entfernt werden.

Hinweise auf Bäder mit diskriminierenden Formulierungen in ihren Badeordnungen nimmt der DPB gerne entgegen (E-Mail: info(at)psoriasis-bund.de oder Telefon: 040/223399-0).

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