Diskriminierung in Offenbacher Fitnessstudio: Fristlose Kündigung wegen Schuppenflechte
Als Wolfgang Fischer in der Dermatologie der Uniklinik Frankfurt am Main auf seinen Termin wartet, fällt ihm ein Flyer des DPB in die Hände. „Ganz schön weit hergeholt“, denkt er sich, als er darin vom Kampf des DPB gegen die Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit Schuppenflechte liest. In den 40 Jahren, die Wolfgang Fischer bereits mit seiner Psoriasis lebt, hatte er nie das Gefühl, wegen seiner chronischen Hauterkrankung ausgegrenzt oder diskriminiert zu werden. Er ist als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Klima- und Kältetechnik selbstständig – und erfolgreich. Er ist seit 35 Jahren glücklich mit seiner Lebensgefährtin liiert, hat einen erwachsenen Sohn und viele Freunde. Er versteckt seine Erkrankung nicht und will sich von ihr auch nicht einschränken lassen. Trotz seiner Schuppenflechte entschied Fischer sich vor vier Jahren für eine Mitgliedschaft im F9 Fitness Park, laut eigenen Angaben ein Premiumstudio mit neuesten Trainingsgeräten und angeschlossener Saunalandschaft mit großer Sonnenterasse. Er trainierte regelmäßig, er fühlte sich wohl in diesem Fitnessstudio und schloss auch schnell neue Bekanntschaften.
Fristlose Kündigung
Anfang Februar dieses Jahres wurde Wolfgang Fischer dann nach vier Jahren Mitgliedschaft plötzlich die fristlose Kündigung ausgesprochen. Man händigte ihm den bereits für Februar entrichteten Mitgliedsbeitrag in bar aus. Als Begründung für die fristlose Kündigung teilte einer der beiden Geschäftsführer Fischer salopp mit, dass „wieder etwas vorgefallen“ sei und fragte ihn, ob er im Saunabereich erzählt habe, dass sein Hund zu Hause eine Ratte gefangen hätte. Nicht wissend, was an dieser Äußerung verwerflich sein solle, bestätigte Fischer, etwa eine Woche zuvor seinen Freundinnen und Freunden während eines Aufenthaltes im Saunabereich vom Jagderfolg seines Hundes berichtet zu haben. Daraufhin entgegnete der Geschäftsführer ihm, dass diese Äußerung „jetzt das Fass zum Überlaufen“ gebracht habe, denn „die Sache“ mit seiner Haut sei „immer noch ein Thema“. Der Geschäftsführer behauptete, dass es etwa zehn Mitglieder gebe, die ihn drängten, Fischer zu kündigen – anderenfalls würden diese Mitglieder ihre Mitgliedschaft beenden. Im weiteren Verlauf des Gesprächs bot der Geschäftsführer ihm dann an, die fristlose Kündigung wieder aufzuheben, wenn er darauf verzichte, den Saunabereich aufzusuchen. Dies lehnte Wolfgang Fischer jedoch als inakzeptabel ab.
DPB eingeschaltet
Wolfgang Fischer wandte sich rat- und hilfesuchend an den DPB und schilderte sein Erleben. Er war völlig aufgebracht und fest entschlossen, juristisch gegen die Kündigung vorzugehen und die erlebte Diskriminierung zur Anzeige zu bringen. Der DPB konnte ihn erst einmal davon überzeugen, es zunächst auf gütlichem und einvernehmlichem Wege zu versuchen, anstatt sofort die juristische Auseinandersetzung mit den Betreibern des Fitnessstudios zu suchen. Der DPB forderte die Geschäftsführung des F9 Fitness Parks in einem Schreiben auf, sich bei ihrem Kunden zu entschuldigen und die Kündigung zurückzuziehen. Ferner forderte der DPB die beiden Geschäftsführer auf, künftig davon Abstand zu nehmen, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen zu diskriminieren und zu stigmatisieren.
Die Sache mit der Haut
„Zwar kann man durchaus der Meinung sein, dass Erörterungen über rattenfangende Hunde kein angemessener Gesprächsstoff für den Besuch eines Saunabereiches sind. Da Herr Fischer die von seinem Hund erlegte Ratte jedoch nicht zu Beweiszwecken mitgebracht und herumgezeigt hat, rechtfertigt dieser gesamte Vorfall wohl kaum eine fristlose Kündigung. Vielmehr scheinen Herr Fischers Hautbild und die Kündigungsandrohungen der anderen Mitglieder, denen sein Anblick Unbehagen und Ekel bereitet, der ausschlaggebende Grund für die fristlose Kündigung zu sein – denn offenbar wurde ‚die Sache mit seiner Haut‘ ja schon des Öfteren unter den Mitgliedern im F9 Fitness Park thematisiert. Auch der angebotene ‚Kompromiss‘, die Kündigung zurückzunehmen, wenn Herr Fischer sich bereit erkläre, den Saunabereich zu meiden, zeugt davon, dass es hier wohl vorrangig darum ging, die anderen Mitglieder vor dem Anblick des Herrn Fischer zu bewahren.“, empört sich DPB-Geschäftsführer Hans-Detlev Kunz über das Verhalten der Betreiber des Fitnessstudios.
Premiumstudio?
Dieser Kompromiss offenbare nicht nur die wahre Intention hinter der Kündigung, sondern zeuge überdies auch noch von wenig Einfühlungs- und Durchsetzungsvermögen, fährt Kunz fort. „Von einem ‚Premiumstudio‘, dessen ‚Philosophie‘ es laut eigenen Angaben auf der Website ist, ‚den Weg zum neuen Lebensgefühl professionell zu gestalten‘, dürfte man eigentlich erwarten, dass Mitgliedern, die den Ausschluss eines anderen Mitgliedes aufgrund einer chronischen, nicht ansteckenden Hauterkrankung fordern, die eigene Kündigung nahegelegt, wenn nicht gar ausgesprochen wird. Anstatt Herrn Fischer zu kündigen, hätten die Geschäftsführer die empörten Mitglieder auch über die Erkrankung und das in Deutschland geltende Gleichbehandlungsgebot aufklären können – oder sie zum direkten Gespräch an Herrn Fischer verweisen können. Auch dürfte man von einem Premium-Fitnessstudio, das von zwei Geschäftsführern geleitet wird, die über so zahlreiche wie vielfältige Auszeichnungen wie A-Lizenz (medical) Trainer, Functional Trainer und IHK Fitness Experte sowie Lehrer für Fitness, A-Lizenz-Trainer, Ernährungsberater und Sport-Reha-Trainer verfügen, erwarten, dass sich die Geschäftsführung bewusst ist, wie wichtig regelmäßige Sport- und Bewegungseinheiten für Menschen mit Psoriasis sind – oder dass sie sich bei Unkenntnis über die Erkrankung zumindest entsprechend informiert.“, hält der DPB-Geschäftsführer fest.
Fitnessstudio antwortet
Die Geschäftsführung des F9 Fitness Parks reagierte auf die Zuschrift des DPB: „Wir halten (…) fest, dass die Erkrankung des Herrn Fischer nicht Anlass gewesen ist, Herrn Fischer einen Austritt/eine Kündigung der Mitgliedschaft in unserem Sportstudio nahezulegen, bzw. den Vertrag von unserer Seite zu kündigen. Sie weisen selbst darauf hin, dass Herr Fischer seit rund 4 Jahren in unserem Sportstudio trainiert hat. Die Gründe für unsere Entscheidung lagen (allein) im Verhalten des Herrn Fischer, das nach unserer Einschätzung einer weiteren Mitgliedschaft entgegenstand. Herrn Fischer sind diese Gründe im Einzelnen bekannt, sie waren vorab mehrfach Gegenstand eines Gesprächs, in dem Herr Fischer jeweils abgemahnt und gebeten wurde, sein Verhalten zu überdenken. Wir halten an unserer Entscheidung deshalb fest. Wir bitten zugleich um Verständnis dafür, dass wir diese Gründe, die die persönliche Wertung des Verhaltens von Herrn Fischer betreffen, Dritten gegenüber, auch aus Gründen des Datenschutzes und der Wahrung des Persönlichkeitsrechtes des Herrn Fischer, nicht kommunizieren wollen.“
Verärgerung
Wolfgang Fischer ist höchst irritiert und verärgert über das Antwortschreiben des Fitnessstudios: „Natürlich habe ich im Laufe der Zeit ab und zu mit den beiden Geschäftsführern auch mal Gespräche geführt. Ein angebliches Fehlverhalten meinerseits war dabei jedoch nie Thema – geschweige denn, dass man mir eine Abmahnung ausgesprochen hätte. Anstatt sich bei mir zu entschuldigen, rücken die Geschäftsführer mich jetzt in ein völlig falsches Licht und behaupten einfach, dass ich mich vier Jahre lang danebenbenommen hätte. Das grenzt doch an Verleumdung! Den Datenschutz und meine Persönlichkeitsrechte ins Feld zu führen, um meinen Rauswurf nicht näher begründen zu müssen, halte ich für einen ziemlich billigen Taschenspielertrick. Auch bis heute wurde mir nicht mitgeteilt, welches Fehlverhalten ich an den Tag gelegt haben soll. Ich weiß nur, dass einige Mitglieder, darunter auch mein Sohn, die beiden Geschäftsführer auf meine fristlose Kündigung angesprochen haben. Die Antwort war immer dieselbe: Etwa zehn Mitglieder hätten mit ihrer Kündigung gedroht, wenn man mich nicht rauswerfe. Wenn sich die Geschäftsführer nicht endlich bei mir entschuldigen, werde ich eine Strafanzeige wegen Diskriminierung stellen. Mein Sohn hat inzwischen seine Mitgliedschaft im F9 Fitness Park gekündigt – freiwillig. Nun habe ich eine Vorstellung davon, was der DPB mit Stigmatisierung und Diskriminierung meint. Das wünsche ich wirklich keinem! Ich bin jetzt Mitglied im DPB.“