Diskriminierung wegen Schuppenflechte im Steigenberger Hotel Berlin
Ende Juli 2016 waren Herr Bäumer und seine Gattin für drei Übernachtungen zu Gast im Steigenberger Hotel Berlin am Los-Angeles-Platz. Es war ein privater Aufenthalt, der Erholung bringen sollte. Doch bereits nach der ersten Übernachtung fand er in seinem ungereinigten Zimmer einen roten Umschlag vor mit der Mitteilung, man wolle mit ihm über die Zimmerreinigung sprechen. Herr Bäumer meldete sich wunschgemäß an der Rezeption und wurde sodann von der Personalleiterin zum Gespräch ins Restaurant gebeten. Sie sprach ihn auf Hautschuppen in seinem Zimmer und auf Blutflecken in seinem Bettlaken an und forderte ihn zur zusätzlichen Zahlung für den „Mehraufwand“ auf, da die Zimmerreinigung nicht mehr zum „normalen“ Tarif erfolgen könne. Nachdem Herr Bäumer seine Erkrankung erläutert hatte, hielt die Personalleiterin Rücksprache mit der Hoteldirektorin und teilte ihm mit, dass sein Zimmer am Abend zwar noch gereinigt werde, er sich aber am nächsten Morgen bei der Hoteldirektorin melden solle. Am nächsten Morgen wurde Herr Bäumer dann vom stellvertretenden Hoteldirektor empfangen, der nicht nur an der Sonderreinigungsgebühr festhielt, sondern den Affront tatsächlich noch weitertrieb: Gäste, die im Hotelzimmer Rotwein verschütteten oder Tiere hielten, müssten schließlich auch für den Mehraufwand bei der Zimmerreinigung aufkommen. Herr Bäumer erklärte also erneut seine Erkrankung, woraufhin der stellvertretende Hoteldirektor seine Handynummer erbat und zusagte, nochmal mit der Hoteldirektorin Rücksprache zu halten und sich dann zu melden. Etwa eine Stunde später teilte er Herrn Bäumer mit, dass die Hoteldirektorin auf die zusätzliche Reinigungsgebühr verzichte. Eine Entschuldigung vernahm Herr Bäumer nicht. Stattdessen fanden er und seine Gattin, als sie nachmittags wieder ins Hotel zurückkehrten, die Sessel in ihrem Zimmer mit Handtüchern „geschützt“ vor.
Herr Bäumer wandte sich an den Deutschen Psoriasis Bund e.V. (DPB), die Selbsthilfeorganisation für Menschen mit Schuppenflechte in Deutschland, und erkundigte sich, ob ähnliche Fälle häufiger vorkämen. Zwar sind dem DPB zahlreiche Fälle bekannt, in denen Erkrankte aufgrund ihrer Schuppenflechte ausgegrenzt und benachteiligt wurden. Aber die Erhebung einer Sonderreinigungsgebühr in Hotels für Menschen mit Schuppenflechte, die diese aufgrund des durch ihre krankheitsbedingte Hautschuppung angeblich entstehenden Mehraufwandes bei der Reinigung der Hotelzimmer zu entrichten haben, und das Abdecken der Polstermöbel mit Handtüchern stellen eine besonders verachtende und diskriminierende Form der Stigmatisierung dar, die dem DPB in über 40 Jahren Verbandstätigkeit noch nicht untergekommen ist. Dass dies dann auch noch mit dem Verschütten von Rotwein und dem Mitbringen von Haustieren verglichen bzw. gerechtfertigt wird, schlägt dem sprichwörtlichen Fass allerdings gänzlich den Boden aus. Menschen mit Schuppenflechte leiden bereits genug unter ihrer Erkrankung und den mit ihr verbundenen Folgeerkrankungen und tagtäglichen Stigmatisierungen. Da bedarf es nun wirklich keiner zusätzlichen Stigmatisierung und Diskriminierung durch Hotelpersonal. Von einer weltweiten, äußerst renommierten und professionellen Hotelkette wie der Steigenberger Hotels AG hätte der DPB eigentlich erwartet, dass sie auch Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen zuvorkommend beherbergt und menschenwürdig behandelt anstatt sie zu diskriminieren. Es drängt sich zudem der Verdacht auf, dass die Reinigung in Steigenberger Hotels nur nach „sichtbarer Verschmutzung“ erfolgt. Jeder Mensch sondert – auch mit gesunder Haut – permanent Hautschuppen (aufgrund von Verhornung) ab. Diese Schuppen sind jedoch so klein, dass sie mit bloßem Auge in der Regel nicht zu erkennen sind. Wenn also sichtbare Hautschuppen einen kostspieligen Mehraufwand darstellen, geht der DPB davon aus, dass bei „unsichtbarer Verschmutzung“ keine hygienegerechte Reinigung stattfindet. Das erscheint dem DPB äußerst erklärungsbedürftig.
In einem ausführlichen Schreiben schilderte Herr Bäumer dem Vorstandsvorsitzenden der Steigenberger Hotels AG, Puneet Chhatwal, was ihm in Berlin widerfahren war. Auch der DPB schrieb Herrn Chhatwal an und forderte ihn auf, sich in aller gebotenen Form bei Herrn Bäumer und seiner Gattin zu entschuldigen und künftig in allen Steigenberger Hotels von der Erhebung einer Sonderreinigungsgebühr für aus einer chronischen Erkrankung oder Behinderung angeblich resultierenden Mehraufwand bei der Reinigung der Hotelzimmer Abstand zu nehmen.
Kurze Zeit später erreichte den DPB ein Schreiben der Steigenberger Hotels AG. Jürgen von Massow, Leiter des Geschäftsbereiches Steigenberger Business Hotels, an den das Schreiben des DPB zuständigkeitshalber übermittelt wurde, teilt darin mit, dass Herr Bäumer telefonisch kontaktiert wurde. Man habe sich in aller Form bei Herrn Bäumer entschuldigt und in einem konstruktiven Gespräch auch eine professionellere Handhabung für die Zukunft besprochen. Herr von Massow teilt weiter mit:
„Wir bedauern sehr, dass durch das Verhalten unserer Mitarbeiter der Eindruck von Diskriminierung entstanden ist – bitte seien Sie versichert, dass dies unseren Mitarbeitern fernliegt. Unser Selbstverständnis als Hoteliers aus Passion impliziert die Wertschätzung all unserer Gäste und unser Ziel, ihnen ein Zuhause auf Zeit zu bieten.
Unsere Gesellschaft ist stolz darauf, bei jährlich mehr als 4 Millionen Übernachtungsgästen bis heute nicht mit Diskriminierungsvorwürfen konfrontiert worden zu sein.
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Wo Menschen arbeiten, findet aber auch Kommunikation statt, um aus Fehlern zu lernen. In diesem Sinne haben wir uns mit Herrn Bäumer ausgetauscht und hoffen, dass wir damit seine negativen Eindrücke ein wenig aus dem Weg räumen konnten.“
Zunächst: Das Verhalten der Personalleiterin, des stellvertretenden Hoteldirektors und der Hoteldirektorin stellt ganz klar eine Diskriminierung dar. Eine glaubwürdige und ernstgemeinte Entschuldigung würde dies anerkennen, anstatt vom „Eindruck von Diskriminierung“ zu sprechen.
Weiter: Dass dort, wo Menschen arbeiten, Fehler passieren, ist ja nicht weiter schlimm, sondern ganz normal und verzeihlich. Wenn jedoch gleich drei Personen – die Personalleiterin, der stellvertretende Hoteldirektor und die Hoteldirektorin – trotz mehrfacher Hinweise und Erklärungen denselben Fehler immer wieder machen, dann fällt es sehr schwer, an ein Versehen, an einen „Ausrutscher“ zu glauben.
Und zuletzt: Auf Nachfrage des DPB, ob denn das Telefonat für ihn auch so zufriedenstellend war, wie es Herr von Massow nahelegt, antwortete Herr Bäumer:
„Das Telefongespräch wird mir in Erinnerung bleiben. Man hat sich zwar entschuldigt, aber das Ganze als einmaligen Fehler dargestellt und kam dann sehr schnell zu der Frage, was man mir denn Gutes tun könne. Ich habe nicht das Gefühl gewonnen, dass man verstanden hat, was dort passiert ist.“
„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
(Artikel 3, Absatz 3, Satz 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland)
Deutscher Psoriasis Bund e.V. (DPB), August 2016