Patienten begleiten – nicht behandeln

Psoriasis ist eine lebensbegleitende Erkrankung mit vielfältigen Facetten. Wurde die Krankheit früher auf ‚Anordnung‘ des Arztes überwiegend topisch und mit Licht behandelt, war ein weiterer Meilenstein die Zulassung von innerlichen Therapien (Methotrexat, Ciclosporin und Acitretin). Diesen therapeutischen Möglichkeiten folgten die Fumarate und als Paradigmenwechsel in der systemischen Therapie der Psoriasis die Biologika. Behandeln oder begleiten, war die Überschrift des Gesprächs mit Beiratsmitglied Prof. Dr. Ulrich Mrowietz, Kiel.

Geschäftsführer Hans-Detlev Kunz und Beiratsmitglied Prof. Dr. Ulrich Mrowietz im Gespräch darüber, wie sich die Patienten-Arzt-Beziehung wandelt.

 

PSO Magazin: „Können Patienten in Deutschland davon ausgehen, dass jeder Dermatologe fachlich in der Lage ist, alle therapeutischen Möglichkeiten bei einer Psoriasis und Psoriasis-Arthritis sachgerecht zu begleiten?“

 

Prof. Mrowietz: „Im Prinzip ja. Da aber nicht alle Dermatologen Psoriasis als Praxisschwerpunkt haben und viele andere Krankheiten behandeln, ist es schwer, den Markt neuer Arzneimittel und den neuen, leitliniengerechten Algorithmen der Behandlung beständig zu folgen.“

 

PSO Magazin: „Sind Psoriasis-Patienten formal gut beraten, wenn sie eine dermatologische Praxis aufsuchen, die sich in einem der Psoriasis-Netzwerke engagiert?“

 

Prof. Mrowietz: „Ja! In einer solchen Praxis ist Psoriasis ein Schwerpunkt. Zudem erhalten die beteiligten Dermatologen Informationen aus dem Netzwerk, das regelmäßig den Stand des medizinischen Wissens aktualisiert.“

 

PSO Magazin: „Hat sich das Verhalten von Psoriasis-Patienten in den letzten 10 bis 15 Jahren verändert und wie nehmen Sie diese Veränderungen wahr?“

 

Prof. Mrowietz: „Ich bin mir nicht sicher. Psoriasis-Patienten sind eher introvertiert. Sie kommen eher selten mit eigenen Wünschen zur Behandlung, über die sie sich vorher im Familien- und Bekanntenkreis ausgetauscht haben.“

 

PSO Magazin: „In welcher Weise reagieren Sie auf den Anspruch von Psoriasis-Patienten, bei der Wahl therapeutischer Möglichkeiten, persönliche Präferenzen zu berücksichtigen?“

 

Prof. Mrowietz: „Das betrachten wir nicht als Anspruch, sondern es ist ein völlig zurecht eingefordertes Mitspracherecht. Wir beziehen bei der Therapie prinzipiell den Patienten in alle Entscheidungen zu seiner Therapie der Psoriasis ein. Wir richten unser Augenmerk auch auf andere mit der Psoriasis in Zusammenhang stehende Erkrankungen. Dies ist notwendig, um den Patienten aktiv in die Entscheidung mit einzubinden. Es steigert auch die Motivation des Patienten, Absprachen zur Umsetzung der Therapie besser einzuhalten.“

 

PSO Magazin: „Folgen Sie dem DPB-Argument, dass die Behandlung größtmögliche Patientenzufriedenheit im Umgang mit der Erkrankung in der individuellen Lebenswelt schaffen sollte?“

 

Prof. Mrowietz: „Selbstverständlich folge ich diesem DPB-Argument. Schuppenflechte ist mehr als eine Erkrankung, die sich nur auf der Haut zeigt. Psoriasis prägt täglich das Leben eines Patienten in seinem familiären, sozialen und beruflichen Umfeld.“

 

PSO Magazin: „Der DPB beklagt schon seit Jahrzehnten die schwierige Kommunikation zwischen Patient und Arzt. Wie kommt ein Patient ins Gespräch mit ‚seinem‘ Arzt? Ist die Aktion ‚Ich beim Arzt‘, die der DPB unterstützt, ein Weg?“

 

Prof. Mrowietz: „Das grundsätzliche Problem von versorgenden Vertragsärzten ist seit Jahren, dass die ‚sprechende Medizin‘ derzeit in Deutschland in den zur Verfügung gestellten Budgets nicht abgebildet ist. Daher hat der Arzt auch für komplexe Probleme eines Psoriasis-Patienten nur einen sehr begrenzten zeitlichen Spielraum. Ärzte, die ihren Schwerpunkt in der Therapie von Psoriasis-Patienten haben, stellen sich eher auf solche Patienten ein. Diese Ärzte können dem Anspruch auf genügend Gesprächszeit dann eher gerecht werden.“

 

PSO Magazin: „Sie haben mit Kieler Kollegen einen Artikel ‚Psoriasis behandeln oder managen?‘ publiziert. Darin wird provokant gefragt, ob die Haut oder der Patient behandelt wird. Wie lautet Ihre Antwort?“

 

Prof. Mrowietz: „Selbstverständlich behandeln wir immer den ganzen Patienten, auch wenn die sichtbaren Veränderungen an der Haut für die Therapie im Vordergrund stehen. Der Begriff ‚Management‘ wurde gewählt, weil er eine umfassendere Betrachtung und Beachtung nicht nur der Haut, sondern auch von Begleiterkrankungen, von Begleittherapie und vor allem von möglichen Verschlechterungsfaktoren umfasst. Die medikamentöse Behandlung erfolgt erst, wenn alle anderen Aspekte ausreichend erfasst sind.“

 

PSO Magazin: „Wenn Sie wählen könnten, welcher Psoriasis-Patient wäre Ihnen am liebsten?“

 

Prof. Mrowietz: „Es gibt keinen Wahlpatienten. Wir behandeln alle Psoriasis-Patienten ungeachtet der Tatsache, ob der Patient sich mit seiner Erkrankung auskennt oder nicht. Aber natürlich sind Patienten, die über die wesentlichen Aspekte der Krankheit und der Therapie informiert sind, als Partner bei Entscheidungen über eine individuell sinnvolle Therapie besonders angenehm. Auch sind diese Patienten eher in der Lage, zusätzliche Faktoren umzusetzen, weil sie eine gute Einsicht über die Sinnhaftigkeit von Maßnahmen für die Besserung ihrer Psoriasis mitbringen.“

 

PSO Magazin: „Vielen Dank für das Gespräch!“

 

(ku)

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