Pressekonferenz zum Welt-Psoriasis-Tag 2016

Redebeitrag von Ottfrid Hillmann, Vorsitzender des Deutschen Psoriasis Bundes e.V. (DPB)

 

Stigmatisierung

Ob im Schwimmbad, im Restaurant, im Kleidungsgeschäft, auf der Straße, im Büro oder – wie aktuell geschehen – im Hotel. Die schlimmste Stigmatisierung ist meist die, die den Menschen mit Schuppenflechte im Alltag widerfährt. Menschen mit Psoriasis leiden erheblich – nicht nur unter der Erkrankung selbst, sondern auch unter Stigmatisierung und Ausgrenzung. Gleich zwei aktuelle repräsentative Umfragen* aus dem Jahr 2016 bestätigen dies. Unwissenheit und Vorurteile über die Erkrankung sind in der Bevölkerung immer noch weit verbreitet. Viele Menschen glauben nach wie vor, dass Schuppenflechte ansteckend sei. Über 80 Prozent der Erkrankten haben bereits Diskriminierung und Erniedrigungen im Alltag erlebt: Ihnen wird das Händeschütteln verweigert. Man will nicht gemeinsam mit ihnen an einem Tisch essen. Man starrt sie im Schwimmbad entsetzt an – wenn man sie denn überhaupt hineinlässt. Nicht zuletzt auch aufgrund dieser Stigmatisierung leidet über ein Drittel der Menschen mit Psoriasis an Depressionen oder anderen psychischen Erkrankungen. Die Umfragen zeigen mehr als deutlich, dass dringender Handlungsbedarf besteht – auch in Deutschland.

*     forsa-Umfrage, April 2016, im Auftrag des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf;

globale Patienten-Befragung „Clear about Psoriasis“, Juni 2016, im Auftrag der Novartis Pharma GmbH

 

WHO-Resolution zur Psoriasis

Bereits im Mai 2014 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO die erblich bedingte und verhaltensunabhängige chronische Haut- und Gelenkerkrankung Psoriasis als fünfte Erkrankung – neben Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen – in die Liste der schwersten nicht-ansteckenden Erkrankungen der Welt aufgenommen. Mit der Resolution zur Psoriasis hat die WHO ihre Mitgliedstaaten aufgefordert, nicht nur die medizinische Versorgung zu verbessern, sondern insbesondere auch Maßnahmen gegen die Stigmatisierung der Erkrankten zu ergreifen. Die deutsche Bundesregierung stimmte der WHO-Entscheidung zwar zu, hat aber in den zweieinhalb Jahren seit ihrer Verabschiedung noch keinerlei Anstrengungen unternommen, dieser moralischen und völkerrechtlichen Verpflichtung nachzukommen – sie ignoriert die Resolution und damit die Probleme der über zwei Millionen Menschen mit Schuppenflechte in Deutschland. Das Bundesministerium für Gesundheit ist noch nicht einmal zu einem unverbindlichen Gespräch bereit – weder mit dem DPB als Interessenvertretung der Patientinnen und Patienten, noch mit den Organisationen der Ärzteschaft. Da sich der eigentlich zuständige politische Betrieb, also das Bundesgesundheitsministerium und der Gesundheitsausschuss des Bundestages, derart querstellt, hat der DPB kürzlich allen Bundestagsabgeordneten eine „hübsche, bunte“ Postkarte mit Psoriasis-Plaques-Prägung in ihre Wahlkreise geschickt, um ganz anschaulich auf die vielen Menschen mit Schuppenflechte in Deutschland aufmerksam zu machen. Denn die Politik kann sehr viel gegen die Stigmatisierung der Erkrankten unternehmen.

 

Vielfältige Handlungsbereiche: z.B. Ausbildung von Friseurinnen und Friseuren

So vielfältig wie die Situationen, in denen die Erkrankten Ausgrenzung und Diskriminierung erfahren, so vielfältig sind auch die Handlungsbereiche, in denen der Stigmatisierung entgegengetreten werden muss. Um nur ein weiteres Beispiel aufzugreifen: Auch Menschen mit Schuppenflechte gehen gelegentlich zur Friseurin bzw. zum Friseur. Regelmäßig erleben sie dort – freundlich ausgedrückt – „äußerst unschöne Situationen“. Laut Rahmenlehrplan für die Ausbildung von Friseurinnen und Friseuren sollen die Auszubildenden sich zwar auch mit Haut- und Nagelveränderungen auskennen und ihre Kundinnen und Kunden entsprechend beraten und behandeln. Sie sollen u.a. kosmetisch zu behandelnde von kosmetisch nicht zu behandelnden Hautveränderungen unterscheiden können. Doch während ihrer gesamten Berufsausbildung lernen sie nichts über die Volkskrankheit Schuppenflechte. Sie wissen nichts über eine Psoriasis an der Kopfhaut oder an den Nägeln – geschweige denn darüber, wie sie damit umzugehen haben. Die Stigmatisierung ist also keineswegs böswillig, sondern resultiert einzig und allein aus Unwissenheit. Um diesem bedauerlichen Umstand zu begegnen und die „Verordnung über die Berufsausbildung zum Friseur/zur Friseurin“ entsprechend zu ändern, hat sich der DPB jüngst an Herrn Bundesjustizminister Heiko Maas gewandt, der für die Verordnung zuständig ist.

 

DPB-Jugendcamp

Seit nunmehr 43 Jahren kümmert sich der DPB in vielfältiger Weise um die Menschen mit Schuppenflechte. Um gerade auch Jugendliche auf das Leben mit ihrer Psoriasis „vorzubereiten“, veranstaltet der DPB seit inzwischen acht Jahren sein jährliches Jugendcamp – ein in seiner professionellen Durchführung europaweit einmaliges Projekt für junge Erwachsene mit Schuppenflechte im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Neben umfassenden Informationen über die Erkrankung und zu Therapiemöglichkeiten werden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch Strategien zum Umgang mit der Erkrankung und mit Stigmatisierung vermittelt. Teambuilding-Maßnahmen und Gemeinschaftsaktivitäten stärken ihr Selbstbewusstsein und zeigen den Jugendlichen, dass sie mit ihrer Erkrankung nicht alleine sind. Freuen Sie sich auf einen informativen Kurzfilm über das DPB-Jugendcamp (www.pso-jugend.de) zum Ende der Pressekonferenz.

 

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