"Ich bin Mitglied geworden, weil ich anderen den langen Suchweg um Informationen zu erhalten über diese Krankheit ersparen wollte.“ 

Psoriasis und Psoriasis-Arthritis verlaufen sehr individuell. Schwere und Entwicklung der Hauterscheinungen variieren stark. Gelenkbeteiligungen kommen bei rund 30 Prozent der Menschen mit Psoriasis hinzu. Viele weitere Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Augenentzündungen oder Depressionen erfordern häufig zusätzliche Aufmerksamkeit. Der Deutsche Psoriasis Bunde e.V. (DPB) möchte durch vielfältige Informationen seine Mitglieder zu Expertinnen und Experten ihrer eigenen Erkrankung machen, damit sie ihren eigenen Weg mit der Psoriasis finden und gehen können.

Wir sprachen mit Ottfrid Hillmann. Der 69-jährige ehemalige Frachtverkaufsleiter einer großen internationalen Fluggesellschaft und heutige Rentner ist verheiratet, hat zwei Kinder sowie zwei Enkel und lebt in Düsseldorf. Er ist DPB-Mitglied seit 1999.

Wie war Ihr Weg mit Ihrer Erkrankung?

Ich hatte mit 15 Jahren zum ersten Mal mit Psoriasis zu tun. Eines Morgens hatte ich Flecken an typischen Stellen wie Ellenbogen und Knien aber auch im Schritt. Der Hautarzt konnte sehr gut hinter lateinischen Ausdrücken verbergen, dass er keine Ahnung hatte. Er sagte, es sei die Pubertät und wachse sich aus. 

Ich begann, auf eigene Faust Mittel zu finden. Ich versuchte es mit Nagellackentferner, was höllisch brannte, aber die Schuppen waren nachher alle weg. Es lag wohl am gesundheitsschädlichen Aceton, das damals in allen Nagellackentfernern enthalten war und heute hauptsächlich zum Abbeizen von Lacken und Farben verwendet wird. Außerdem entdeckte ich die Lotio Castellani für mich. Sie wurde als Desinfektionsmittel verwendet. Mit diesen wirklich nicht weiterzuempfehlenden Mitteln half ich mir eine Weile über die Runden. Nach etwa zwei Jahren verschwand meine Psoriasis aber dann genauso plötzlich wie sie gekommen war.

Ich hatte die Psoriasis schon längst vergessen, als im Alter von 45 Jahren alles wieder anfing. Das war eine blöde Situation, weil ich gerade dabei war, in der Fluggesellschaft Karriere zu machen. Ich war national wie international viel unterwegs. Mein Glück war, dass ich keine sichtbaren Hautstellen hatte. Sie ließen sich gut verstecken. Menschen mit Psoriasis sind ja Meister des Tarnens und Versteckens. Durch Zufall geriet ich an einen Dermatologen, der sich viel Mühe gab. Er hat die Cremes selbst zusammengestellt. Sie hatten keine Namen. Die Hauptcreme, die ich bekam, nannte ich „Schwarz-Weiß“. Wegen der dunklen Farbe und des strengen Geruchs vermute ich, dass dort Teer mit enthalten war. Trotzdem war zu dieser Zeit die Psoriasis ein Problem für mich. Damals war ich ehrenamtlich als Tauchlehrer in einem Verein in Düsseldorf aktiv. Da war man halt viel in Badehosen unterwegs. Die Fragen und vielsagenden Blicke vieler Tauchschüler haben mich wirklich sehr gestört. Das war der hauptsächliche Grund, weshalb ich mich aus diesem Verein herausgezogen habe.

Ich bin dann auf die Suche gegangen nach einem Selbsthilfeverein für Schuppenflechte. So landete ich 1999 beim DPB und erfuhr, dass es eine
Regionalgruppe in Düsseldorf gab. Der damalige Leiter war gesundheitlich sehr angeschlagen und froh, dass ich mich für die Arbeit in der Selbsthilfe interessierte. Dann ging alles sehr schnell. Schon nach kurzer Zeit wurde ich zum kommissarischen Leiter der Regionalgruppe Düsseldorf ernannt und im April 2000 offiziell gewählt. 

Zuerst waren es nur zwei bis drei Personen, bald gehörten zwölf zur Basisgruppe. Wir organisierten Treffen und Info-Stände. Ich lud Referentinnen und Referenten ein und knüpfte Kontakte. Auch auf Bundesebene war ich im DPB aktiv, als Schlichter und später von 2010 bis 2014 als stellvertretender Vorsitzender und anschließend sogar eine Wahlperiode lang als Vorsitzender. 

Ich erzähle das deshalb, weil das Aktivsein in der Selbsthilfe ein wichtiger Faktor bei meiner eigenen Krankheitsbewältigung wurde. So blöd die Erkrankung ist – ohne die Psoriasis wäre ich nie auf die Idee gekommen, mich in der Selbsthilfe zu engagieren. Durch und mit Psoriasis habe ich so viel positive Erlebnisse haben dürfen. Gern erinnere ich mich auch an meine Zeit als Vorsitzender der Federation of European Psoriasis Associations, EUROPSO. Das ist der Dachverband der europäischen Psoriasis-Organisationen. Ich habe viele Leute aus der ganzen Welt kennengelernt. Sie alle machten sich Gedanken über Psoriasis. Das hat meinen Horizont enorm erweitert. Unvergessen sind die Einladungen nach Boston oder nach Bangkok. Mir wurde deutlich, dass es noch ganz andere Wege der Psoriasis-Behandlung gab als ich sie kannte. Ich habe viele Anregungen für die Arbeit vor Ort mitgenommen. Zum Beispiel ist aus Erlebnissen in Schweden, Frankreich und Holland die Idee für das DPB-Jugendcamp gewachsen.

Es gab aber auch viele Anregungen für den Umgang mit meiner eigenen Psoriasis. Ich war mit den Cremes von meinem Hautarzt zufrieden. Gearbeitet habe ich an meiner Psyche. Mein Motto wurde und ist bis heute: Lass nicht die Krankheit dein Leben dominieren! So etwas muss man lernen. Ich habe in vielen Fortbildungen dazu Vorträge gehört.

Ich weiß, dass bestimmte Situationen nicht zu ändern sind. Aber ich kann schauen, was ich daran Positives entdecken kann. Das ist mir bei der Psoriasis gut gelungen und auch später, als ich an Diabetes mellitus erkrankte. Durch die Erkrankung hatte ich irgendwann kein Gefühl mehr in meinen Füßen und bemerkte einmal nicht, dass ich einen kleinen Stein im Schuh hatte. Mit dem lief ich mir eine Wunde in den Hacken
und bekam eine Sepsis. Der Unterschenkel musste 2018 amputiert werden.

Jetzt gilt es, damit zu leben. Der erste positive Effekt war, dass sich meine Psoriasis extrem gebessert hat. Das liegt sicherlich daran, dass dieser Entzündungsherd aus meinem Körper verschwunden ist. Und es hat dazu geführt, dass ich mich im Behindertenrat der Stadt Düsseldorf engagiere. Seit Dezember 2020 bin ich stellvertretender Vorsitzender. Hätte mir vor ein paar Jahren jemand vorhergesagt, dass ich einmal vereidigtes Ratsmitglied im Rat der Stadt Düsseldorf sein würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Aber das habe ich ja schon von der Psoriasis gelernt: Es ist wie es ist – mach‘ das Beste draus. 

Das gilt nun noch einmal besonders, seit ich Ende 2020 zusätzlich nach einem Nierenversagen zum Dialysepatienten geworden bin. Es entscheidet sich im Laufe der nächsten Monate, ob die Niere sich wieder erholt und ich keine Dialyse mehr benötige. Ich hoffe natürlich sehr darauf. Aber ich bin mir sicher, dass ich auch meinen Weg finde, wenn die Dialyse Teil meines Lebens bleiben wird.

Interview entnommen aus PSO Magazin 3/2021