Prof. Dr. Michael Peter Schön
Dermatologe, Venerologe, Allergologe und Diplom-Gesundheitsökonom aus Göttingen
Interview mit Prof. Dr. Michael Peter Schön, entnommen aus PSO Magazin 2/2018
PSO Magazin: Unser erstes Interview führten wir 2006. Das ist zwölf Jahre her. Was hat sich seitdem bei Ihnen verändert?
Professor Schön: Da hat sich viel geändert. Damals war ich noch im Universitätsklinikum Würzburg tätig. Inzwischen bin ich Direktor der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Universitätsmedizin Göttingen – und das nun auch schon seit zehn Jahren.
PSO Magazin: In Göttingen betreiben Sie eine Spezialsprechstunde für Patienten mit Psoriasis und Psoriasis Arthritis.
Professor Schön: Das stimmt. Wir haben hier hervorragende Kolleginnen und Kollegen, die sich unter Leitung unserer Oberärztin Prof. Dr. Rotraut Mößner in dieser Sprechstunde um Menschen mit Psoriasis kümmern, insbesondere um diejenigen mit schweren Verlaufsformen. Wir betreuen auch viele Patienten mit Gelenkbeteiligung. Wegen unserer sehr guten Zusammenarbeit können wir bei Bedarf schnell und unkompliziert einen Rheumatologen hinzuziehen.
PSO Magazin: Diese interdisziplinäre Zusammenarbeit ist Ihnen sehr wichtig. Auch die Tagesklinik, die Sie in Göttingen etabliert haben, arbeitet interdisziplinär.
Professor Schön: Diese Tagesklinik betreiben Dermatologen und Rheumatologen zusammen. Sie ist eine der ersten interdisziplinären Tageskliniken dieser Art deutschlandweit. Und sie ist immer noch eine der größten. Sie richtet sich an Patienten mit schweren Verlaufsformen der Psoriasis und anderer chronisch-entzündlicher oder autoimmuner Erkrankungen, die einer komplexen Therapie oder einer intensiven Überwachung bedürfen. Aufwändige Diagnostik kann hier ebenfalls durchgeführt werden. Wir organisieren auch Fortbildungen, die Rheumatologen und Dermatologen gemeinsam besuchen.
PSO Magazin: Neben der Patientenversorgung engagieren Sie sich stark in der Forschung. Was sind in Göttingen Ihre Untersuchungsfelder?
Professor Schön: Neben dem Hautkrebs sind das die Psoriasis und verschiedene chronisch-entzündliche Hauterkrankungen. Wir arbeiten viel zur Regulation und auch Fehlsteuerung von Immunantworten.
PSO Magazin: In Würzburg haben Sie sich mit den Mechanismen der Krankheitsentstehung beschäftigt. Woran arbeiten Sie in Göttingen?
Professor Schön: Im Prinzip arbeiten wir am selben Thema. Allerdings sind in den Jahren viele neue Erkenntnisse hinzugekommen. Beispielsweise wurden mittlerweile eine ganze Reihe von Botenstoffen entdeckt, die eine Psoriasis auslösen. Daraus sind neue Therapiemöglichkeiten entstanden, die sehr gezielt einzelne dieser Botenstoffe blockieren können.
PSO Magazin: Sind denn dann noch viele neue Erkenntnisse zu erwarten?
Professor Schön: Ja. Denn die Techniken haben sich weiterentwickelt. Wir arbeiten inzwischen auch im Nanostrukturbereich. Die Nanotechnologie ist ein Forschungsgebiet, das sich mit Strukturen von 1 bis 100 Nanometer befasst. Ein Nanometer entspricht einem Milliardstel Meter. So können wir heute einzelne Moleküle auf den Zellen untersuchen und sie gezielt beeinflussen. Das ist aber noch Grundlagenforschung. Direkt mit Patienten führen wir hingegen eine ganze Reihe klinischer Studien durch, sowohl für Patienten mit Psoriasis als auch vielen anderen Hautkrankheiten.
PSO Magazin: Bedeutet das, dass aufgrund der modernen Technik noch viele weitere Therapiemöglichkeiten für die Psoriasis und Psoriasis Arthritis entwickelt werden?
Professor Schön: Da wird bestimmt noch einiges kommen. Aber für die Schuppenflechte gibt es bereits viel. Der Bedarf beispielsweise für Personen mit Neurodermitis, Allergien oder selteneren Autoimmunerkrankungen ist viel größer. Es wäre schon gut, wenn wir auch dort weiterkommen würden. Aber wir sind auf einem guten Weg.
PSO Magazin: Trotz des inzwischen großen Behandlungsspektrums im Bereich der Psoriasis und Psoriasis-Arthritis werden immer noch eine große Anzahl an Psoriasis-Patienten unzureichend behandelt. Wie kommt das?
Professor Schön: Da gibt es sicherlich mehrere Gründe. Bei manchen Kollegen und Kolleginnen scheint immer noch eine gewisse Hemmschwelle zu bestehen, Biologika zu verschreiben. Erstens ist der Preis für diese Medikamente sehr hoch. Und zweitens müssen, um diese verschreiben zu können, der Schweregrad der Erkrankung sowie der bisherige Therapieverlauf genau dokumentiert worden sein. Das ist zunächst ein bisschen aufwändig, zahlt sich auf Dauer aber aus.
PSO Magazin: Sie sind neben Ihrem beruflichen Engagement zusätzlich stellvertretender Direktor des Niedersächsischen Instituts für Berufsdermatologie (NIB). Was macht diese Einrichtung?
Professor Schön: Dort widmen sich Wissenschaftler der Universitätsmedizin Göttingen und der Universität Osnabrück in enger Kooperation mit dem Informationsverbund dermatologischer Kliniken (IVDK mit Sitz der Zentrale in Göttingen) der Erforschung der Prävention berufsbedingter Hauterkrankungen. Unser Engagement reicht von der wissenschaftlichen Forschung bis zur Schulung und Behandlung von Patienten. Auch hierfür haben wir eine eigene Spezialsprechstunde.
PSO Magazin: Kann die Psoriasis auch eine Berufskrankheit sein?
Professor Schön: Meistens nicht. Aber die Psoriasis kann manchmal durch berufliche Einflüsse verschlechtert werden oder sich auf berufliche Tätigkeiten auswirken – etwa an den Händen bei Personen, die viel mit den Händen arbeiten müssen. Dazu zählen etwa Friseure oder Menschen im Baugewerbe oder im Metallgewerbe. Auch durch das Tragen von Sicherheitsschuhen oder einem Helm kann die Psoriasis an den Füßen beziehungsweise am Kopf provoziert werden oder sich verschlechtern. In solchen Fällen müssen die Personen geschützt werden und manchmal kann eine Verschlechterung der Psoriasis durch berufliche Tätigkeit auch als Berufskrankheit anerkannt werden.
PSO Magazin: Eine weitere Aufgabe, die Sie in der Fakultät der Universitätsmedizin Göttingen übernommen haben, ist die des Dekans für Allgemeine Akademische Angelegenheiten. Was machen Sie da?
Professor Schön: Das ist ein Wahlamt, das ich jetzt schon seit mehreren Jahren bekleide. Ich bin beteiligt an der Personalentwicklung in der medizinischen Fakultät. Menschen und ihre berufliche Förderung interessieren mich. Deshalb war ich bis vor kurzem auch noch Mitglied im Auswahlausschuss der Studienstiftung des deutschen Volkes.
PSO Magazin: Da passt es auch, dass Sie der Vorsitzende des Vereins der Freunde und Förderer der Medizinischen Fakultät der Georgia Augusta zu Göttingen sind.
Professor Schön: Genau. Unser Verein richtet jedes Semester die Absolventenfeier für die fertigen jungen Ärztinnen und Ärzte aus. Aus unseren Mitgliedsbeiträgen werden außerdem Forschungspreise für Doktoranden und Habilitanden sowie Preise für gute Lehre und besonderes Engagement unserer Studierenden ausgelobt. Und wir unterstützen das Orchester der Göttinger Universitätsmedizin, die Camerata Medica.
PSO Magazin: Noch ein weiteres Engagement ist Ihr Einsatz für das Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (JDDG).
Professor Schön: Da bin ich seit sechs Jahren Herausgeber gemeinsam mit Prof. Sergij Goerdt aus Mannheim. Das ist sehr interessant, aber auch recht zeitaufwändig.
PSO Magazin: Bei der Fülle Ihrer Tätigkeiten können wir uns als Deutscher Psoriasis Bund glücklich schätzen, dass Sie sich auch hier noch ehrenamtlich im Wissenschaftlichen Beirat engagieren.
Professor Schön: Die Selbsthilfe liegt mir sehr am Herzen. Ich mache das gern. Schließlich sind es die Patienten, für die wir arbeiten und die besten Ergebnisse und die größtmögliche Zufriedenheit können wir nur gemeinsam und auf Augenhöhe erreichen.