Prof. Dr. Ulrich Mrowietz
Dermatologe, Venerologe und Allergologe aus Kiel
Interview mit Prof. Dr. Ulrich Mrowietz, entnommen aus PSO Magazin 6/2017
PSO Magazin: Unser erstes Interview zu Ihrer Arbeit führten wir vor 13 Jahren. Schon damals waren Sie in der Psoriasis-Forschung an der Universitätshautklinik Kiel sehr aktiv. Zwei Jahre später wurde dort unter Ihrer Leitung das Psoriasis-Zentrum gegründet. Was hat Ihnen damals gefehlt, was Sie in Ihrem Zentrum dann umsetzen konnten?
Professor Mrowietz: Ich hatte einen Bedarf an spezialisierter Betreuung von Psoriasis-Patienten und einer Vernetzung von Klinik und Wissenschaft gesehen. Bei uns dreht sich nun alles um den Menschen mit Schuppenflechte. Deshalb haben wir eine Psoriasis-Sprechstunde eingerichtet, parallel zu dem Psoriasis-Forschungslabor, und einen großen Bereich für klinische Studien.
PSO Magazin: Was wird da geforscht?
Professor Mrowietz: Wir führen klinische Studien zu neu entwickelten innerlichen oder äußerlichen Medikamenten durch. Vor gut zehn Jahren entstanden immer neue Therapien, die klinische Studien notwendig machten. Darauf haben wir reagiert. Aber weiterhin forschen wir auch über die Ursachen der Psoriasis und die Zusammenhänge zu den Begleiterkrankungen. Und wir untersuchen, wie Medikamente diese Erkrankung der Haut beeinflussen.
PSO Magazin: Daran haben Sie bereits Interesse gehabt und geforscht, als wir vor 13 Jahren unser erstes Interview führten. Damals hatten Sie sich unter anderem mit dem Wirkmechanismus von Fumarsäureestern beschäftigt.
Professor Mrowietz: Das tun wir auch heute noch und es wird noch Jahre weitergehen.
PSO Magazin: Wieso dauert das so lange? Sind Fumarate so kompliziert?
Professor Mrowietz: Das ist eine spannende Geschichte. Das Wirkmolekül ist chemisch so simpel aufgebaut, dass man darüber lachen könnte. Aber das ist auch gleichzeitig das Problem. Denn so ist es extrem schwierig, dieses Molekül und seine im Körper verstoffwechselten Folgemoleküle zu messen. Wir haben da inzwischen aber eine Methodik gefunden.
PSO Magazin: Was forschen Sie noch?
Professor Mrowietz: Beispielsweise untersuchen wir, wie Auslösefaktoren sich auf eine Psoriasis auswirken. Wir nehmen da gerade die eitrige Mandelentzündung unter die Lupe und auch die Parodontitis, die Entzündung des Zahnfleisches.
PSO Magazin: Wie profitieren die Patienten von Ihren Forschungen?
Professor Mrowietz: Wir haben Zugang zu den neuesten nationalen und internationalen Entwicklungen von Arzneimitteln gegen die Schuppenflechte. Die Patienten profitieren außerdem davon, dass wir seit acht Jahren zum Exzenlenzcluster "Entzündung an Grenzflächen" gehören. Dort forschen wir gemeinsam mit Gastroenteorologen und Rheumatologen am Phänomen Entzündung, dass alle Barriereorgane wie Darm, Lunge und Haut befallen kann. Wir sind fachübergreifend gut vernetzt und können bei Bedarf sofort Rheumatologen oder andere Spezialisten zur Behandlung unserer Psoriasis-Patienten hinzuziehen. Wir treffen uns einmal wöchentlich auch in diesem interdisziplinären Team und besprechen Fälle gemeinsam.
PSO Magazin: Forschung und Behandlung gehen in Kiel also Hand in Hand.
Professor Mrowietz: Genauso ist es. Wir haben dafür inzwischen auch international viel Anerkennung gefunden. Beispielsweise haben wir unsere Erkenntnisse aus der Behandlung der Psoriasis-Patienten in ein Management-Konzept eingebracht. Aufgrund der Komplexität des Krankheitsbildes war es uns wichtig, von einem ganzheitlichen Ansatz auszugehen, der sowohl die Haut mit in den Blick nimmt, aber auch beispielsweise Abnehm-Programme bei Übergewichtigen oder eine Rauch-Entwöhnung, psychische Betreuung oder die Behandlung der Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck. Dieses Management-Konzept hat die Weltgesundheitsorgansiation WHO in ihren Globalen Bericht zur Schuppenflechte übernommen. Darauf sind wir stolz.
PSO Magazin: Das Psoriasis-Zentrum ist insgesamt international gut vernetzt.
Professor Mrowietz: Das stimmt. Beispielsweise habe ich auf europäischer Ebene eine Gruppe geleitet, die einen Therapieziele-Konsens erarbeitet hat. Er ist inzwischen in vielen Ländern in die nationalen Leitlinien zur Behandlung der Psoriasis eingeflossen. Zur Zeit entwickeln wir gerade auf globaler Ebene mit Kollegen aus aller Welt eine neue Messmethode für den Schweregrad einer Psoriasis. Es existieren sehr viele verschiedene Methoden und sie sind zum Teil recht kompliziert. Wenn unser neuer Vorschlag weltweit angenommen wird, könnten Studien zur Psoriasis viel einfacher vergleichbar gemacht werden. Das
ist unser Ziel.
PSO Magazin: Neben Ihrem großen Engagement auf internationaler Ebene haben Sie aber immer auch weiterhin die Patienten in Deutschland im Blick. Gerade ist beispielsweise Ihr Patientenratgeber, den Sie zusammen mit Prof. Dr. Gerhard Schmid-Ott in laienverständlicher Sprache verfasst haben, in der vierten Aufl age erschienen.
Professor Mrowietz: Ja, die Information der Patienten liegt mir in der Tat sehr am Herzen. Deshalb finde ich es einen schönen Erfolg, dass unser Ratgeber bereits so lange am Markt erfolgreich ist. Es wird jetzt auch eine Online-Version des wichtigen Therapie-Kapitels geben, die vierteljährlich aktualisiert wird. Ebenfalls freue ich mich in diesem Zusammenhang über den Preis für die patientenfreundlichste Homepage, den das Psoriasis-Zentrum vor einiger Zeit gewonnen hat. Denn neben all der Forschung ist ein gut informierter
Patient für den Behandlungserfolg eine wichtige Voraussetzung. Deshalb engagiere ich mich seit 21 Jahren gern als Wissenschaftliches Beiratsmitglied im Deutschen Psoriasis Bund.